Eigentlich stand Fatehpur Sikri nicht auf der Besuchsagenda. Ich war schon zweimal dort. Das zweite Mal sogar mit Jörg.
Garnicht so weit weg von Agra und nur eine Stunde Fahrt von Mathura.
Nach dem Holi-Fest war Mathura eigentlich durch und so richtig weitere Dinge zu besichtigen gibbet hier nich… Puh, was machen? Im übergroßen Hotelzimmer den Tag vertrödeln und mal relaxen? Es gab nun wirklich nix, was uns „draußen“ angemacht hätte und motiviert, dorthin zu fahren. Dann klopfte ich bei Jörg nochmals wegen Fatehpur Sikri an. Knapp 14 Jahre ist es her, dass wir dort das letzte Mal waren und Jörg meinte noch die Tage, dass er lieber etwas anderes sehen wollte. Und heute? „Ja Holger, frag‘ doch mal nach einem Fahrer. Oder machen wir Abenteuer und nehmen den Bus, wie damals.“
Am Arsch, „Abenteuer“! Nix Bus. Ich erinnere mich an den Letzten und dass man damals durch diverse Löcher auf die Straße sehen konnte. Wahrscheinlich fährt der heute noch irgendwo zwischen Agra und Fatehpur… Ich wollte „Fahrer“! Und für umgerechnet knapp 32 Euro im klimatisierten Car (alternativ einer stickigen Bußfahrt bei 36 Grad Außentemperatur) für uns gerade noch finanzierbar, dafür, dass er in 15 Min. da am Hotel war und wir 5 Stunden mit ihm insgesamt unterwegs gewesen sind.
Dann die Überraschung: In 14 Jahren kann sich auch in Indien viel ändern. Fatehpur Sikri ist vom „Geheimtipp“, einem Lost-Place, den damals eher Einheimische und nur zufällig Touristen besuchten, zum Hotspot geworden.
- Damals haben wir uns mit dem Bus zu riesigen Moschee „Sikri“ fahren lassen, diese mit vielen Einheimischen besucht, sind dann durch die verfallene Festungsstadt „Fatehpur“ gelaufen und waren dort fast alleine. Keine Schranken, keine Barrieren, man konnte überall hin und sich in dem riesigen Komplex treiben lassen.
- Heute: Touristenzentrum mit Parkplatz, buchbaren offiziellen Guides, Restaurants, Shops und Pendelbussen. 600 Rs. Eintritt in Fatehpur und abgesperrte Bereiche. Massen an ausländischen Touristen, von denen ich ausgehe, das sie von Agra kamen oder nach Agra wollen. Organisierte Schuh-Abgabe und organisierte Religons-Kultur – nicht nur die Hindus in Haridwar ziehen einem das Geld aus den Taschen, auch die Muslime in Fatephur. Nur nicht ganz so geschickt.
Zu Beginn war ich – wie geschrieben – überrascht und wollte davon genervt sein (…mein deutsches Empörungs-Gen wollte durchkommen. Haben in unserem Volk fast alle. Man muss nur mal „Ampel“ sagen und es geht los). OK, damals war es eine Art „entdecken“ und die abenteuerliche Bus-Tour dahin war ein Ereignis (Remember: NEVER take a bus in India!). Man konnte durch die Anlage schlendern und es hatte ein verschwörerisches „WOW“-hier-kommt-kaum-einer-hin-Gefühl.
Nun, jetzt hatten wir einen Guide und haben Fatehpur Sikri endlich mal „professionell“ erlebt. Spannende Geschichte und meine anfängliche Verweigerungshaltung hatte ich schnell aufgegeben. Wenn der Guide nicht so ein schmieriger Arschgrabscher gewesen wäre. Wir sahen eine größere Gruppe Transfrauen in wundervollen Saris und er raunte uns zu „they are gay“. Ich darauf: „Don’t matter. We are gay too, even we both are married. In Germany it’s legal. And this group are transwomen not gaymen. That’s different.“
Tja, hat er wohl als Aufforderung verstanden, um uns etwas nach Außerhalb zu führen, in einen abgelegenen Teil, über einen Schotterbereich und dort hat meinen Mann begrabbelt, während ich in der Nähe fotografiert sollte. Hatte das schon bemerkt und Jörg muss ihm auch kurz vorher etwas ablehnendes gesagt haben, was ihn aber wohl wenig beeindruckt hat. …bis ich dann etwas gesagt habe. Etwas lauter. Vielleicht war es der Hinweis, dass er damit sein Einkommen für die letzten 11/2 Stunden verspielen könnte oder einfach die deutliche, bestimmte und (möglicherweise etwas zu) aggressive Ansage eines 2 Meter / 115 Kg Mannes gegenüber eines 1.60 Meter / 50 Kg Kerlchens. Der kleine übergriffige Wichser!
Der Rest der Führung war OK, auch wenn ich eher etwas einsilbig wurde. Trinkgeld ist etwas gering ausgefallen, aber ich denke, damit hat er auch nicht mehr wirklich gerechnet.
Rückfahrt war gut und unser Fahrer hat uns einen guten Dal mit Raita, Masla Papad und Butter-Naan, sowie einen guten Chai organisiert – nomnomnom.
Später am Abend haben wir mal einen indischen Delivery-Service ausprobiert. Nachdem wir gestern bei Domino-Pizza standen und wir auf Wartezeit von mindestens 60 Minuten hingewiesen wurden, hatten wir dankend auf eine Pizza verzichtet. Danke der 30 Minuten delivery-warrenty haben wir dann eben Online bestellt. Mein fehlendes Vertrauen in indische Garantien wurde nach einer halben Stunde wieder hergestellt. Es kann auch etwas klappen in Indien. …in all dem Chaos. Pizza war lekka.
Uff, zu viel Text…
Mutti: Das Hotel war schön, das Essen lecker, sonst alles gut hier.
Übersicht der bisherigen Reise: